Möwenvielfalt im Winter an Leipziger Seen

Vor allem im Winter kann man im Binnenland immer wieder Überraschungen unter den Möwen entdecken. Das liegt daran, dass einige Arten mehr oder weniger weit in Überwinterungsgebiete ziehen, aber auch daran, dass vor allem junge Möwen während der Dispersion – Streuwanderung – angetroffen werden können. Sie reisen dabei relativ weit umher und deshalb sieht im Winter auch viele junge Möwen umherfliegen. Für die Bestimmung ist für den Einstieg “Handbuch Vögel beobachten” von Leander Khil hilfreich; spezifischer und detaillierter ist das neue Standardwerk für unseren Raum: “Die Möwen Europas, Nordafrikas und Vorderasiens – Der Bestimmungsführer”. Aufgrund individueller Variationen oder Abweichungen bestimmter Unterarten oder sogar nur einzelner Populationen, ist bei der Möwenbestimmung vor allem die Gesamtheit aller Indizien wichtig. Das einzelne diagnostische Merkmal gibt es so eigentlich kaum.

Bei der Altersangabe wird bei Möwen oft von Wintern anstelle von Kalenderjahren gesprochen. Da man viele Möwen vor allem im Winter bei uns beobachten kann, ist das sinnvoll: Eine juvenile Möwe ist damit sowohl im Dezember, als auch einen Monat später im Januar im x. Winter. Während die Kalenderjahres-Angabe einen Sprung gemacht hätte, ohne dass sich das Gefieder verändert hat. Fachlich korrekter ist die Bezeichnung “x. Zyklus”, da Möwen nicht von heute auf morgen ihr Gefieder verwechseln und auch Begriffsschwierigkeiten (Winter Nord-/Südhalbkugel) vermieden werden. Ich bleibe hier bei Winter, da es für diese Zwecke reicht und etabliert ist.

Auf den ersten beiden Fotos sieht man eine Mittelmeermöwe im 3. Winter. Auffallend ist ein dickerer Lidring, der bei der ähnlichen Silbermöwe dunkler ist. Die Beinfarbe ist leider nur zu erahnen und sollte/könnte gelb sein. Die Hinterkopf-Strichelung wirkt wie die der Silbermöwe im Schlichtkleid, die Augenmaske und der Schnabel passen dann aber doch besser zur Mittelmeermöwe. Ein schwarzes Band auf der Handschwinge H5 ebenso. Die wenigen restlichen, aber deutlichen braunen Decken der Oberflügel sowie das noch viele Schwarz im Schnabel weisen dann aufs Alter hin.

Eine der typischen Larus-Möwen, die man auch im Sommer oft bei uns sehen kann, ist die Silbermöwe. Oft zeigt die Art einen ernsten oder fiesen Blick, ähnlich wie beim Supraorbitalschild der Greifvögel. Bei diesem Individuum ist das nicht ganz so deutlich zu sehen. Die Strichel am Kopf zeigt die Silbermöwe im Schlichtkleid. Ein Merkmal, welches man nur im Detail sieht: Das Rot im Gonyseck reicht bei der Silbermöwe nicht bis auf den Oberschnabel; bei der ähnlichen Mittelmeermöwe geht es auch leicht auf diesen über. Andere Merkmale, die man auf diesem Foto nicht sieht, wie der hellgraue Rücken und tiefe graue Zungen sowie weniger dicke schwarze Bänder auf den Handschwingen, konnte ich auch ausmachen.

Die Steppenmöwe wirkt beim genauen Blick darauf schon gleich etwas anderes – mal davon abgesehen, dass wir hier ein junges Individuum im 2. Winter haben. Die abfallende Stirn, der lange und parallelgerade Schnabel sowie die insgesamt eleganter und filigraner wirkende Erscheinung, unterscheidet sie gut von der Silber- und Mittelmeermöwe. Beim Jugendgefieder fällt die Steppenmöwe vor allem dadurch auf, dass sie unterseitig besonders hell ist, gerade im Bauch- und Achselbereich, aber auch bei den Flügeldecken. Auch das knopfartig wirkende Auge fällt bei der Art oft auf.

Auf dem letzten Foto sehen wir dann eine der Kleinmöwen, die Sturmmöwe. Das typische Schlichtkleid-Merkmal, der schwarze Schnabelring, hat nichts mit der Ringschnabelmöwe zu tun, die ein seltener amerikanischer Irrgast ist. Die Strichelung im Nackenbereich, die im Schlichtkleid zwar üblich, hier aber besonders stark ausgeprägt ist, deutet auf ihr fortgeschrittenes Jugendalter hin: 2. Winter. Kleinmöwen mausern schneller ins adulte Gefieder; eine Großmöwe würde im 2. Winter noch deutlich braun wirken.