Bartmeise

Die Bartmeise ist nicht nur schwer zu entdecken, sondern mit 4.000-8.000 Brutpaaren in ganz Deutschland auch ein seltener Vogel – Und was für einer! Der Bart besteht nicht aus eingefärbten Fendern, sondern hängt (beim Männchen) tatsächlich herunter. Auch der besonders lange und orange Schwanz ist auffallend.

Bartmeisen gehören nicht zu den Meisen und bilden ihre eigene Familie in der Taxonomie. Man findet sie dort, wo Schilf dicht, großflächig und ungestört wachsen kann. Selbst außerhalb der Brutzeit bleiben Bartmeisen an Schilffelder gebunden.

Die meisten unserer Bartmeisen sind Standvögel, einige sind Kurzstreckenzieher. Bartmeisen zeigen aber allgemein ein reges Wanderverhalten, was daran liegt, da die Bestände nie großflächig verteilt, sondern eher zersplittert und ihre typischen Habitate sehr dynamische und lokal begrenzte Lebensräume sind.

Viele der wandernden oder ziehenden Bartmeisen besetzen bei Ankunft ein Revier und werden dort zu Brutvögeln.

Um die seltenen und quirligen Bartmeisen zu finden, sollte man sich mit dieser Art, ihrer Lebensweise und den Habitatvorlieben beschäftigen. Im Gegensatz zu vielen anderen Vögeln, ist die Bartmeise nämlich explizit auf große zusammenhängende Schilfbestände spezialisiert. Das macht es aber auch nicht gerade einfacher sie dort mitten drinnen zu entdecken. Sie bewegen sich oft in Bodennähe und sind dabei sehr ruhelos. Bei Windstille kann man am Schilfgewackel erahnen, wo sie vielleicht für einen kurzen Augenblick mal sichtbar werden könnten. An diesem windigen Wintertag war das nicht möglich, so blieb uns nur auf die auditive Ortung durch ihr Rufen zu vertrauen und eine Bewegung zwischen dem Schilf wahrnehmen zu können.

Ihre Rufe sind dann auch ein guter Indikator dafür, ob man im Habitat mit der Art rechnen kann oder umsonst in das Schilf stiert. Etwas Geduld sollte man aber schon haben, da zwischen Phasen intensiven Rufens auch mal längere Stille herrschen kann. Im Winter sind Bartmeisen in Deutschland oft Standvögel und sind in kleineren Trupps im Schilf unterwegs. Dort halten sie mit ihren ganz typischen Rufen zueinander Kontakt. Dieser klingt wie ein effektvolles „Ping“ oder „Tjüüh“ mit einer Art Nachhall. Wenn man den Ruf kennt, ist er sehr charakteristisch und unverwechselbar.

Ich hatte bei dem großen Schilfgebiet schon eine Vermutung, dass es vom Habitat passen könnte, das effektvolle “Pjjiii” hat sie dann verraten: Bartmeisen. Meist bleiben sie den Winter über hier, wenn sie nicht auf Zerstreuwanderungen gehen und sind dann in Trupps zu sehen. In diesem Gebiet in meiner thüringischen Heimat konnte ich 8 Individuen ausmachen. Das war das erste Mal, dass ich sie in Thüringen ausfindig machen und dass ich auch mal die Weibchen der Bartmeisen mit aufs Foto bringen konnte (letzte Bilder).

Bartmeisen sind aufgrund ihrer Lebensweise und Seltenheit in der Bevölkerung recht unbekannt und die meisten Leute sind begeistert, wenn sie von dieser Art und deren Vorkommen erfahren – Sie sind ja auch unglaublich toll und schön; allein schon der Bart, die schöne Iris und die Farben! Ironischerweise wird von den meisten Leuten aber auch ein Zustand angestrebt, der überhaupt erst zur Seltenheit dieser Art führt: Alles muss immer ordentlich und aufgeräumt aussehen und verschilfende und verlandende Gewässer sind für viele der gleiche Graus wie ein Wald mit Totholz oder eine Wiese mit Wildwuchs. Dabei sind Bartmeisen explizit auf ausgedehnte Schilffelder angewiesen: Gibt es diese nicht, besiedeln sie keine Gebiete. Auch andere seltene und zurückgezogen lebende Arten wie die Wasserralle, Rohrdommel, oder Kleines Sumpfhuhn sind auf dichte Ufervegetation angewiesen.

Durch die vielen künstlich geschaffenen Seen durch Tagebaue usw. gibt es in Deutschland auch keinen Grund eine Verschilfung einzelner Gewässer als etwas schlimmes anzusehen. Außerdem führt der weitere Prozess mit Verlandung schließlich irgendwann auch zur Bildung von Mooren. Ein Biotop-Typ, welcher heute aufgrund des Artensterbens, der Biodiversitätskrise und des Klimawandels wieder – dieses Mal positiv – im Fokus steht.

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