Ein betagter Herr

Bei dem Foto der männlichen Rohrweihe aus dem Juni fällt auf, dass die Unterflügeldecken sehr weiß sind und nicht wie üblich viele rostbraune Farbtupfer aufweisen. Auch ist von der dunklen, getupften Binde am Flügelhinterrand nicht (mehr) viel zu sehen; Bauch und Hals zeigen viele helle Zwischenräume. Kurzum, dieses Männchen gibt einen deutlich helleren Gesamteindruck von sich als üblich und bei Rohrweihenmännchen ist das ein Zeichen für ein fortgeschrittenes Alter.

Wobei diese Aufhellung nicht das Ende der Fahnenstange zeigt; richtig alte Männchen können reinweiße Unter- und Oberflügeldecken zeigen, nicht einmal mehr Reste eines Flügelhinterrandes und auch wesentlich weniger Farben an Bauch und Hals.

Da wir schon so ungeniert übers Alter sprechen, wie schaut es da mit der Lebenserwartung aus? Nun, das älteste in freier Wildbahn per Ringfund bestimmte Individuum, hat es auf über 16 Jahre gebracht. So ein hohes Alter bleibt aber nur den aller wenigsten Rohrweihen vergönnt.

He, Sie da! Gehen Sie weg da!

Wenn sie da sind, dann hört man sie auch und in einer offenen bis halboffenen sowie gut strukturierten Landschaft mit Sträuchern, klingt es dann aus diesen in etwa so wie in der Überschrift: “He, Sie da! Gehen Sie weg da!” So kann man lautmalerisch nämlich die Phrasierung und Melodie des Gesangs der Dorngrasmücke umschreiben und wenn man es einmal mit diesen Worten versucht in richtiger Geschwindigkeit und im Ton nachzusprechen, dann prägt sich das gut ein. So gut, dass man in einer Heidelandschaft mit vielen Dorngrasmücken das Gefühl bekommt, man sei im Gebiet gar unerwünscht

Die Gesangsstrophe ist recht kurz, kaum verwechselbar und eher wenig variabel im Vergleich zu anderen Vögeln. Die Rufe fallen vor allem im Vergleich zu den anderen Grasmücken auf: Bei der Dorngrasmücke sind sind es nämlich nicht nur schnalzende, ratternde oder klickende Geräusche, sondern ein nasales, aufsteigendes „wähd“ in 2-3 facher Wiederholung. Für mich klingt es ein bisschen wie eine schnellere, öfter wiederholte und gequetschtere Version vom Ruf des Bergfinken.

Der Neuntöter und seine Ansitzwarte ;-)

Jeder hat so Dinge, die er gerne bei oder um sich hat und die er als nützlich betrachtet. Was den Neuntöter anbelangt, so trifft dies zweifelsfrei auf Ansitzwarten zu, auf den er in halboffenen Landschaften nach passender Beute Ausschau hält. Bei dieser Beute handelt sich oft um Großinsekten wie Käfer und Heuschrecken, aber auch kleinere Hautflügler wie Wespen, denen vor Verzehr der giftige Stachel entfernt wird. Besonders bekannt und bemerkenswert ist das Vermögen dieses Singvogels, auch kleinere Säuger wie Mäuse oder Reptilien sowie Amphibien zu erbeuten.

Wie erwähnt handelt es sich beim Neuntöter, auf dem Foto ein Männchen im Juni, um einen Singvogel (Passeriformes) und keinen Greifvogel in Miniaturformat (Accipitriformes), daher kann er mit seinen kleinen Singvogelfüßen Beutetiere nicht wirklich fest greifen, um sie zu bearbeiten. Dies zu kompensieren ist nämlich ein weiterer Grund, warum Neuntöter ihre Beute gerne auf Dornen wie vom Weißdorn aufspießen, um dann bspw. den Chitinpanzer von Insekten zu entfernen. Ein weiterer Grund ist, dass man sich damit selbst ein Vorratsregal anlegen kann Bis zu maximal 30 Beutetiere wurden in so einer Art Vorratshaltung bereits einem Individuum zugeordnet.

Jung und Alt im letzten Abendlicht

In der tiefstehenden Juni-Abendsonne habe ich diese Graureiher auf den Sensor der Kamera gebannt. Das erste Foto zeigt dabei einen Jungvogel, auf dem zweiten ist ein adultes Individuum zu sehen.

In den Gelegen der Kolonien, deren Nesterzahl im Extrem bis zu über 100 betragen kann, werden 3-5 Eier bei einer Jahresbrut, die in der Zeit zwischen Februar und Juli stattfindet, gelegt. Auf dem Speiseplan stehen nicht nur Fische wie es der ehemalige Trivialname “Fischreiher” fälschlich suggerierte, sondern neben Amphibien auch zu einem großen Teil Wühlmäuse, die später im Winter dann auch den Hauptteil der Beute stellen. Daher sieht man sie auch wie angewurzelte Gartenfiguren auf winterlichen Äckern herumstehen

Starenwolke

Diese ebenso geräuschvolle wie auch sehr dynamische Wolke aus Staren habe ich im Juni vor die Linse bekommen. Die ersten Schwärme kann man nämlich schon ab Juni sehen, denn dann finden sich diesjährige Jungvögel und Nichtbrüter zu den ersten Trupps zusammen. Diese ziehen aber noch nicht ins Winterquartier, sondern unternehmen Wanderungen zu Orten mit gutem Nahrungsangebot.

Auch in den USA kommt unser europäischer Star (Sturnus vulgaris) vor, zu verdanken hat er das Eugene Schieffelin. Er fand es seinerzeit (1890) eine tolle Idee europäische Vögel, die in Shakespear-Romanen vorkamen, in den USA auszusetzen. Dieses plötzliche Auftreten eines Neozoon, zudem eines solchen Opportunisten, hatte natürlich starke Auswirkungen auf die heimische Vogelwelt als auch die Landwirtschaft. Das Kuriose an der Geschichte ist: Während die Starenpopulation in den USA stets immer weiter massiv wuchs und er dort als Schädling gilt, nahm die europäische Population, also in der eigentlichen Heimat, massiv ab.

Die großen Schwärme im Spätsommer und Herbst täuschen leicht darüber hinweg, aber man darf nicht vergessen, dass man dort eben alle Vögel aus ganz Europa sieht. Mit 2,6-3,6 Millionen Brutpaaren in Deutschland ist die Bestandssituation hierzulande zwar bei weitem nicht kritisch, der Verlust von einer Million Brutpaaren in gerade mal zwei Jahrzehnten ist aber bedenklich.

Große Brachvögel im Juni

Da macht man erst einmal große Augen, wenn man sich den überfliegenden Trupp im Fernglas ansieht und die Art dann im Binnenland (Biosphärenregion Schaalsee) Mitte Juni als Große Brachvögel identifiziert! Über die Truppbewegung kann man gut spekulieren: Vielleicht wurden sie auf ihrer Fläche bei der Nahrungssuche gestört, sind Nichtbrüter, die sich bereits auf den Zug machen oder gar verfrühte durchziehende Zugvögel aus dem Norden?

Beim Betrachten des Trupps fällt die mitunter unterschiedlich große Schnabellänge auf; bei den kleineren Differenzen handelt es sich um Unterschiede zwischen Weibchen und Männchen, wobei die Weibchen den größeren Schnabel aufweisen. Gerade das letzte und erste Individuum im Trupp fällt besonders aus der Reihe; hier sollte man nicht auf die Idee kommen an den Regenbrachvogel denken, da es oft heißt, man könne diesen am kürzeren und stärker gebogenen Schnabel unterscheiden, dafür aber beachten, dass juvenile Große Brachvögel im ersten Kalenderjahr noch deutlich kürzere Schnäbel haben als die ausgewachsenen Artgenossen.

Wer sitzt in Hochstaudenfluren und macht Quatsch?

Es ist der Sumpfrohrsänger! Im Gegensatz zu seiner nah verwandten Zwillingsart Teichrohrsänger, ist der Sumpfrohrsänger weniger an die Nähe zum Gewässer gebunden und findet auch in Hochstaudenfluren mit bspw. Brennnesseln oder Rainfarn ein passendes Habitat – Die Pflanzenart an sich ist dabei weniger wichtig, als die Tatsache, dass diese hoch und dicht wachsen. Orte mit solchen Merkmalen sind u.a. Bachufer, Brachflächen an Wiesen, Ruderalflächen, oder große verwilderte Gärten.

Dieses Individuum hat seine Artzugehörigkeit anhand seines quasselnden und imitierenden Gesangs (u.a. von Kohlmeisen) problemlos preisgegeben und war auch noch im passenden Habitat. Ganz so einfach ist es meist aber nicht und eine morphologische Bestimmung gelingt nur mit der Kombination mehrerer Merkmale:

-Teichrohrsänger hat eine wärmere Gefiederfarbe (Lichtsituation beachten)

-Beine des Sumpfrohrsängers tendenziell heller

-Teichrohrsänger weist einen rotbraunen Bürzel auf

-Handschwingenprojektion des Sumpfrohrsängers ca. 100%, beim Teichrohrsänger 60-100% (Mauserstatus, Alter und Abnutzung beachten)

-Flanken beim Sumpfrohrsänger tendenziell heller (Schmutz und Licht beachten)

Wenn man sich das ansieht, dann ist vieles davon recht vage, variabel und es gibt zudem noch Überschneidungsbereiche. Von daher kann ich nur die Empfehlung abgeben die Bestimmung – während der Brutzeit – über den Gesang vorzunehmen. Das klingt anfangs vielleicht komplizierter, ist in Wahrheit aber wesentlich einfacher und definitiv sicherer als das subjektive Interpretieren von Farbtönen, Projektionen und Helligkeiten.

Brutinsel-Panorama

Von einem Beobachtungsturm an einem der Seen des Biosphärenreservates Schaalsee entstand aus 4 Einzelfotos das Panorama dieser Brutinsel. Die anderen 3 Fotos zeigen Details der Insulaner

Zu sehen sind: Stockente, Kormoran, Lachmöwe, Graugans, Flussseeschwalbe, Haubentaucher.

Das Brüten in Kolonien bringt zwar mitunter Nachbarschaftsstreitigkeiten mit sich wie bspw. Revierkämpfe oder Kleptoparasitismus; also das Abluchsen von Beute, aber für typisches Koloniebrüter wie Kormorane, Lachmöwen und Seeschwalben, scheinen die Vorteile klar zu überwiegen: Viele Augen sehen mehr und falls sich ein potenzieller Prädator nähert, wird er auf jeden Fall erkannt und dann nicht nur von einem Brutpaar bekämpft, sondern von allen.

Bei einem anderen Ausflug sind wir einmal Zeuge geworden, wie es einer Rohrweihe erging, die sich einer ähnlichen Brutinsel sich mit gewissen Absichten genähert hat; sagen wir es so: Das war nicht ihr Tag

Mit ihm ist gut Kirschen essen ;-)

Im Juni ist uns diese männliche Mönchsgrasmücke (schwarze Kappe) aufgefallen, wie sie sich an Kirschen gütlich getan hat. Auch wenn die Mönchsgrasmücke mit ihrem spitzen Pinzettenschnabel optimal für die Insektenjagd ausgestattet ist, kann sie mit diesem ähnlich wie auch ein Star wunderbar Früchte wie Kirschen oder Holunderbeeren aufpicken.

Für die Ornithologie, genauer für die Vogelzug-Forschung und Mikroevolution, hat die Mönchsgrasmücke eine ganz besondere Bedeutung im Lauf der Jahre erlangt. Vor allem die Studien der ornithologischen Koryphäe Prof. Dr. Peter Berthold haben mit vielen Mythen und Unklarheiten aufgeräumt. So ist es ihm nicht nur gelungen innerhalb weniger Generationen Standvögel zu Zugvögeln umzuzüchten und Zugvögel zu Standvögeln, sondern er konnte damit auch Nachweis erbringen, dass das Zugverhalten komplett genetisch veranlagt ist und sich durch evolutive Prozesse innerhalb kurzer Zeit an veränderte Bedingungen anpassen kann. Die nächste große Erkenntnis war, dass dies auch auf die Richtung des Zuges zutrifft.

Genetische Mutationen bei der Zeugung der nächsten Generation führen bekanntermaßen immer zu kleineren Abweichungen der Allele, die entweder vorteilhafte, nachteilige oder unbedeutende Auswirkungen haben können. So gab es sicher auch schon immer vereinzelte Mönchsgrasmücken, die eher einen genetisch verursachten Drang hatten in andere Richtungen zu ziehen. Das blieb solange ohne selektive Auswirkungen, bis sich die Vogelfütterung in England zu einem Volkssport entwickelt hat und Vögel mit einer genetischen Tendenz im Winter nicht nach Süden, sondern nach Nordwesten Richtung England zu zogen, plötzlich selektive Vorteile hatten – Da ihre Futterversorgung im Winter sichergestellt war.

Diese Anpassungen haben dazu geführt, dass es aufgrund milderer Winter in Deutschland auch immer mehr überwinternde Mönchsgrasmücken gibt und viele der ziehenden Mönchsgrasmücken nicht mehr in den Mittelmeerraum, sondern Richtung England ziehen.

Im Zuge der Klimaerwärmung ist das sicher eine hoffnungsvolle Erkenntnis und zeigt einmal mehr, dass die Bedrohung durch Lebensraumverlust, Nahrungsmangel, etc. für die meisten Arten noch mehr ein Problem darstellt, was sie nicht selbst lösen können, was aber medial leider doch sehr untergeht oder nach wie vor belächelt wird.

Er hat sich durch seinen Gesang verraten

Vielleicht wäre er uns Mitte Juni gar nicht aufgefallen, wenn er nicht lautstärk geträllert hätte: Der Fitis.

Damit war auch ein Problem, vor dem man bei der Art stehen kann, gleich gelöst: Mit dem nah verwandten und ähnlichen Zilpzalp besteht große Verwechslungsgefahr, weshalb man die beiden auch als Zwillingsarten bezeichnet. Zur Brutzeit ist die sichere Bestimmung und Erfassung anhand des Gesangs definitiv der leichteste Weg, da der Fitis singt wie ein Buchfink ohne Überschlag. Der ähnliche Zilpzalp singt…nunja…zilp-zalp-zilp-zalp-zilp-zalp

Die Differenzierung über den Ruf ist dagegen äußerst schwierig, da beide eine Art aufsteigendes Pfeifen (huiid) von sich geben. Beim Fitis ist dieses tendenziell zweisilbiges und erst im zweiten Teil aufsteigend. Eine zweifelsfreie Bestimmung anhand des Rufes ist meiner Meinung nach nur bei ausgeprägt und markant rufenden Individuen möglich, da jedes Tier wie angesprochen ein ist und es immer eine gewisse Variationsbreite gibt.

Stoff für anregende Debatten unter Ornis sorgt immer wieder die Bestimmung anhand morphologischer Merkmale auf Fotos, die mal mehr oder auch weniger deutlich ausgeprägt sein können. Wichtig ist hierbei der Gesamteindruck, der sich aus der Kombination vieler Einzelmerkmale ergibt. Der Fitis hat:

-ein eher gelblicheres, farbigeres Gefieder (Zilpzalp bräunlicher und weniger intensiv)

-einen meist deutlichen ausgeprägten Überaugenstreif (einige Zilpzalpe mitunter auch!)

-in den meisten Fällen helle Beine (Zilpzalp in den meisten Fällen dunkle Beine)

-eine deutlich längere Handschwingenprojektion von ~90% (Zilpzalp ~60%; Mauserstatus und juvenile Individuen beachten!)

Mit 0,8-1,2 Mio. Brutpaaren ist der Fitis zudem deutlich weniger häufig als der Zilpzalp mit 3,3-4,6Mio Brutpaaren.