Die Buntfrau an der Saale & Neues übers Spechtklopfen

Diese hübsche Buntspecht-Dame habe ich im April bei der Nahrungssuche entlang der Saale fotografieren können. Man erkennt das Weibchen am fehlenden roten Fleck im Nackenbereich; diese Art des Geschlechtsdimorphismus gibt es bei fast allen Spechten. Beim Grün- und Grauspecht ist es ein roter Wangenfleck, beim Dreizehenspecht die gelbe Kopfkappe, beim Mittelspecht ist die rote Kopfkappe unterschiedlich lang und stark gefärbt usw.

Etwas, das schon immer für Interesse und Forschung gesorgt hat, war die Frage, wie Spechte ihr Hämmern beim Höhlenbau oder beim Trommeln schadlos überstehen können. Viele Studien und anatomische Betrachtungen haben jahrelang dafür plädiert, dass eine stoßdämpfende Wirkung Schäden verhindert. So haben koreanische Forscher 2011 in dem schwammartigen Knochen hinter dem Oberschnabel eine Art Absorptionsmaterial gesehen. Auch chinesische Forscher haben 2020 dem Zungenbein eine stoßdämpfende Wirkung zugesprochen, da es sich bei Spechten auffallend ganz um den Schädel spannt.

Eine neue Studie von der Universität Antwerben aus dem Jahr 2020 scheint das nun in Frage zu stellen und hat gute Argumente dafür: Gäbe es die stoßdämpfende Wirkung, würde das die Kräfte beim Schlag natürlich nicht nur im Kopf ausgleichen, sondern auch am Baum – es wäre kontraproduktiv und Spechte müssten noch viel mehr Kraft aufwenden. Dies wurde auch schon in einer Studie 1976 bemerkt. Vielmehr ist es so, dass im Spechtkopf ganz andere Kräfte wirken als bspw. bei uns Menschen. So ist der Kopf an sich und damit die Bewegungslänge viel kleiner, aber auch die Gehirnmasse ist bei Spechten so gering, dass viel kleiner Kräfte dort auftreten. Das zusammen mit der festen Einbettung des Gehirns reicht aus, um Schäden zu verhindern. Sie müssten dazu mind. doppelt so hart auf Holz schlagen, dass eine Dämpfung notwendig wäre.

Es gibt aber auch noch eine Menge weiterer interessanter anatomischer Anpassung an diesen Lebensstil: Die Schädeldick von Spechten ist verhältnismäßig dicker als bei anderen Vögeln und die Augen sind in einem knöchernen Sklerotikalring eingefasst und daher besonders gut geschützt. Dieser Sklerotikalring hat nur hinterseitig eine Kleine Öffnung für den Sehnerv und ist sonst massiv. Besonders starke Kiefernmuskeln können zudem die auftretenden Kräfte durch ein Zusammenziehen Millisekunden vor dem Schlag gleichmäßiger weiterverteilen. Im Vergleich zu anderen Vögeln ist auch der Unterschnabelknochen länger und die auftretenden Kräfte beim Schlagen über Wirbelsäule, Rippen und natürlich den Baumstamm weiterleiten. Bei den Rippen geht es mit Besonderheiten auch gleich weiter: Die ersten Rippenbögen sind bei Spechten verbreitert und zusätzlich durch kleine Querstreben verbunden. Die dort liegenden Bänder und Muskeln sind besonders kräftig ausgebildet, was eine Weiterleitung der Kräfte ebenso verbessert.

Spechte müssen also keine Angst vor Kopfschmerzen haben und könne Hämmern und Trommeln, was das Zeug hält (oder im Fall von morschem Holz auch nicht hält).

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