Schwanzmeise

Die Schwanzmeise ist ein heutzutage nicht mehr ganz so bekannter Vogel, der allerdings auch schnell übersehen werden kann. Die besten Chancen hat man im Winter, da sie dort in Trupps unterwegs sind, bei denen man oft 4-8 Individuen beobachten kann. Zudem kommen im Winter noch die Schwanzmeisen aus dem Norden zu uns, um hier zu überwintern. Diese gehören allerdings einer anderen Unterart an und sind u.a. durch einen reinweißen Kopf zu erkennen.

Auf den Fotos ist unsere hier heimische und brütende Art zu sehen: Aegithalos caudatus europaeus. Sie sind verdammt winzig und der Schwanz macht mehr als 2/3 ihrer Körperlänge aus! Deswegen hört man die lärmenden Trupps auch eher, als dass man sie visuell wahrnimmt.

Sie sind verdammt quirlig und lebhaft und halten kaum einmal 2 Sekunden still und sind zudem meist hinter kleinen Zweigen oder oben im Baum zugange: Eine echte Herausforderung beim Verfolgen und Fokussieren.

Aber die Mühe lohnt, denn mal ehrlich: Sind sie nicht einfach verdammt niedlich?

Der Artname ist allerdings etwas irreführend, denn tatsächlich sind sie mit den Meisen nicht näher verwandt und bilden ihre eigene Familie. Man kann das auch gut an der Physiologie erkennen, bspw. am Schnabel.

Auch die Brutbiologie ist eine ganz andere: im Gegensatz zu den echten Meisen, sind Schwanzmeisen keine Höhlenbrüter. Stattdessen bauen sie ein kugeliges Nest, das von irgendeiner Art Bewuchs (Astgabel, Sträucher, usw) gehalten wird.

Die geselligen Schwanzmeisen sitzen im Stammbaum zwar nicht weit von den echten Meisen entfernt, bilden aber ihre eigene namensgebende Familie. Sie gehören mit einem Körpergewicht von 6-10g mit in die Riege unserer kleinsten Vögel, auch wenn sie dank des langen Schwanzes, der ca. 60% der ganzen Körperlänge ausmacht, auf 14cm kommen! Wenn das Weibchen zur Brutzeit dann 8-12 Eier in ihr kunstvoll gebautes Nest gelegt hat, hat sie damit insgesamt bis zu 120% ihres eigenen Körpergewichts an Eiern gelegt!

Unvergessen ist ein Erlebnis, bei dem wir eine fliehende Rabenkrähe beobachten konnten, die von einem 4er-Trupp Schwanzmeisen vertrieben wurde! Da hilft es einem auch nichts, wenn man größer und stärker ist: Diese süßen Plüschkugeln sind eben verdammt klein, quirlig und wenn 4 Stück gleichzeitig von allen Seiten auf einem herumhacken, sucht man besser das Weite. Was sich die Krähe dabei wohl gedacht hat? „Das darf niemals jemand erfahren…“ Sorry

Nach der Brutzeit sind sie wieder deutlich vernehmbar in Trupps unterwegs und meist auch erst auditiv denn visuell zu entdecken.

Wie man auf den Fotos sehen kann, picken sie am liebsten ebenso geschickt wie geschäftig kleine Insekten, wie hier Raupen oder aber auch Spinnen auf. Im Winterhalbjahr nehmen sie auch gerne Fettfutter an, des weiteren werden auch Mal Flechten, Knospen oder Beeren verköstigt.

Schwanzmeisen haben nicht nur ein ausgeprägtes, sondern auch ein hochinteressantes Sozialverhalten mit einigen Besonderheiten, denn bei der Aufzucht, genauer gesagt der Fütterung, der Jungen bekommt ein Schwanzmeisenpaar gelegentlich Hilfe von Artgenossen! Das sind Individuen, die nicht gebrütet haben oder deren eigene Brut gescheitert ist. Die Helfer sind dabei mit einem der beiden Brutvögel verwandt.

Nach der Brutphase bilden sich dann Trupps aus den Eltern, Kindern und Helfern, die lange bis zur nächsten Brutphase zusammenbleiben. Um sich nicht zu verlieren halten die Trupps ausdauernd über hochfrequente ziiih-ziiih-ziiih-Rufe sowie ihre schnurrenden brrrrrrd-Rufe akustisch Kontakt miteinander. So eine Truppbildung ist nicht nur bei der Nahrungssuche hilfreich, sondern vor allem in frostigen Winternächten, da sich die Individuen dann eng aneinander kuscheln, um möglichst wenig Wärme zu verlieren. Aber natürlich ist man gemeinsam auch stärker, gerade wenn man eine kleine süße Plüschkugel mit meist 7-9g (6-10g)Gewicht ist.

Die Zeit der winterlichen Trupps ist auch bei den Schwanzmeisen zu Ende und momentan sieht man sie auch einzeln oder als Paar auf Nahrungssuche oder beim gemeinsamen Nestbau. Auf den Fotos waren sie zu zweit recht lange und ungestört in einem Saum aus Schlehen zugange.

Apropos Nestbau: Bei den sehr sozialen und wenig revierstarken Schwanzmeisen können aber auch mal mehrere Altvögel beteiligt sein. Bekannt ist auch, dass nichtbrütende oder erfolglos brütende Altvögel, welche mit einem der Brutvögel verwandt sind (in einer Untersuchung Verwandte des Männchens), bei der Jungenfütterung helfen!

Der Bau des kunstvoll anmutenden, eiförmigen Nestes, welches in einer Astgabel sitzt, kann bis zu einem Monat dauern. Bereits in den ersten Märztagen konnte ich in einem lichten Laubwald im Randbereich ein Paar beobachten, welches gerade mit dem Nestbau begonnen hat und dazu Material ziemlich weit oben in die Astgabel einer Stiel-Eiche eingebracht hat. Mit Nistmaterialien sind bei den zierlichen Schwanzmeisen mit dem Mini-Schnabel übrigens Flechten, Moose, Spinnweben und Grashalme gemeint. Innen wird das Nest mit vielen kleinen Federchen ausgelegt. So ein Nest ist dann im Fertigzustand recht eiförmig, grünlich-weiß-braunfarben sowie sehr weich und gepolstert. Bis auf einen seitlichen Eingang ist es komplett geschlossen und erinnert daher von der Art der Konstruktion an die nicht näher verwandte Beutelmeise.

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